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Rocroy 2015

 

Historischer Hintergrund

 

Nach der verlorenen Schlacht von Waterloo verließ Napoleon seine geschlagene Armee fluchtartig in Richtung Paris. In der Unordnung nach der Schlacht und aufgrund der preussischen Truppen, die sich bereits im Hinterland bzw. der Flanke der französische Armee befanden, kam es zu einem panischen, unkontrollierten Rückfluten der französischen Einheiten in Richtung Frankreich.

 

Viele der französischen Grenzfestungen waren aber noch mit ihren Garnisonstruppen besetzt, verfügten über ausreichend Munition und Proviant. Diese Festungen wurden zur Anlaufstelle der zurückweichenden Einheiten, aus denen die Offiziere mühsam wieder Züge und Kompanien zusammenstellten. Dort verstärkten diese Einheiten die Garnisonstruppen und man begann damit, diese Festungen kampfbereit zu machen.

 

Die britischen und preussischen Oberbefehlshaber waren sich bewußt, dass man diese Festungen beim Vormarsch nach Frankreich hinein zwar einfach umgehen konnte. Aber andererseits hätte man damit eine grosse Menge kampffähiger französischer Truppen im Rücken gehabt. Man entschloß sich daher, ein Viertel der eigenen Truppen zu verwenden, um diese Festungen möglichst rasch einzuschließen und sie dann der Reihe nach anzugreifen. Auf preussischer Seite wurde das 2. Armee-Korps für diese Belagerungen bestimmt, während 1., 3. und 4. Armee-Korps Richtung Paris nach Frankreich hinein zogen.
 

           

 

Am 20. Juni setzte sich daher auch die 5. preussische Brigade in Marsch, um gemeinsam mit der 7. Brigade die Belagerung der Festung Mabeuge zu beginnen. Am 28. Juni 1815 begann die Beschiessung der Festung und es wurden mehrere Belagerungsgräben bis an die Festungsmauern herangetrieben. Nach drei Wochen Einschließung und 14tägiger Beschiessung, die schwere Schäden in der Stadt anrichtete, kapitulierte die Festung Mabeuge am 14. Juli.

 

Am 21. Juli zogen die Truppen weiter, um die Belagerung von Philippeville aufzunehmen. Auch vor Philippeville wurden umfangreiche Erdarbeiten erbracht, um Batteriestellungen und Annäherungsgräben zu bauen. Am 06. August 1815 waren die Gräben bis auf etwa 70 m an die Festungsmauern vorgeschoben worden und wurden, trotz heftigem Beschuss durch die feindliche Artillerie, weiter ausgebaut. Als am 08. August die herangebrachten, schweren preussischen und britischen Belagerungsgeschütze mit ihrem Einschiessen begannen, ergab sich die Festung.

Der Festungskommandant General Casergue ließ die weisse Fahne hissen und die preussischen Einheiten besetzten die Stadt und die Festungsanlagen. 

 

 

Die Belagerung von Rocroy

 

Bereits nach Abschluß der wesentlichen Arbeiten zur Belagerung von Philippeville, wurden grosse Teile der 5. preussischen Brigade (darunter das 5. Westfälische Landwehr-Reg.) zur Einschließung und Belagerung der Grenzfestung Rocroy entsandt, die unter dem Kommando von Colonel Projain stand. Am 25. Juli war Rocroy eingeschlossen und jeglicher Verkehr in die Festung unterbrochen.

Da die Belagerung von Phillippeville noch im vollen Gang war, beschränkten sich die preussischen Truppen zunächst auf die Einschließung. Lediglich Deckungsschanzen wurden aufgeworfen, bevor man das eigene Lager errrichten und abkochen konnte.

 

   

Die militärische Führung war daher besorgt um die Disziplin der Soldaten, die sich während dieser Ruhephase ihre Langeweile mit Branntwein, Kartenspiel und Schlägereien vertrieben.
Aber auch Diebstähle nahmen deutlich zu, so dass Standgerichte erforderlich wurden.
Einer der übelsten Gesellen der Landwehr, der als "Böser-Blick Jannik" bekannt war, wurde dem Gericht vorgeführt und abgeurteilt.
 

  

Dabei gab es aber auch Fälle wie der des ahnungslosen Theologie-Studenten. Dieser brave junge Kerl hatte in Plancenoit in der Kutsche Napoleons Diamanten gefunden und hatte in seiner Naivität diese "Glasperlen" einigen Offizieren gezeigt. Bei diesem Wehrmann ist zu vermuten, dass er von ehrvergessenen Offizieren vor das Gericht gebracht wurde, die nur darauf aus waren, nach der Verurteilung seine Besitztümer einziehen zu können. So manchem braven Landwehrmann wurde hier also grosses Unrecht zuteil.    

 

Am 10. Aug. 1815 traf dann die Masse der Truppen aus Philippeville in Rocroy ein, so dass sich rd. 8.000 Mann preussische Belagerungstruppen vor Rocroy befanden.
Da in der Festung die Weinvorräte aufgebraucht waren, ergaben sich schon bald die ersten französichen Vorposten. Sie wurden von den preussischen Marketenderinnen gebührend in Empfang genommen, während unsere Offiziere diese Vorgänge stets rat- und tatlos betrachteten.

 

     
 
Die herangeführten schwere Geschütze aus Philippeville wurden in Stellung gebracht und die Arbeiten für befestigte Feuerstellungen

aufgenommen. Im Morgengrauen konnte dann die Beschiessung von Rocroy beginnen.

 

    

 

Nachdem eine Munitionskasematte getroffen und dadurch eine Bresche im vordersten Wall entstanden war, rückten erste
Trupps der Landwehr in das Glacis der Festung vor. Unter ständigem Beschuss der Franzosen auf dem Festungswall suchten

die Landwehrmänner einen Weg durch die zusammengestürzten Torwege und Kasematten. 

 

     

 

Ein feindlicher Ausfall warf uns in die zerschossenen Kasematten zurück und es kam zu wilden Kämpfen auf kurze Distanz,
die manchen Veteranen an die Gefechte in den Dörfern Wagnelle und St. Amand erinnerten. Meter um Meter musste auch

hier freigekämpft werden.

 

  

Zum Erstaunen der Offiziere gelang es den verbündeten Kräften der Landwehr die Stellung zu verteidigen, auch wenn Schuhwerk und
Beinkleider dabei gelitten hatten. Aber mancher Kamerad blieb in den Kasematten zum ewigen Schlaf.

 

   

 

Die wiederholten Vorstösse der preussischen Truppen führten schon am fünften Tage der Belagerung zum erstrebten Erfolg.

Der Festungskommandant zeigte die weisse Fahne, um eine weitere Zerstörung der Stadt zu verhindern und weiteres Leid der Zivilisten zu verhindern.

Einige französische Gardisten leisteten aber verzweifelten Widerstand und verteidigten das zentrale Pulverlager bis zur letzten Flasche Pinot.
Die westfälische Landwehr nahm dies anerkennend zur Kenntnis, denn diese Tat entsprach voll und ganz dem Korpsgeist der Landwehrmänner.   

 

Die Belagerung von Rocroy konnte siegreich abgeschlossen werden und steht nun auf dem Ruhmensblatt des 5. Westfälischen Landwehr-Infanterie-Regiment.

Neben den Veteranen, die sich diesen Ehrentitel bereits in der Festung Ehrenbreitstein erworben hatten, tragen nun auch die jungen Landwehrmänner
den Ehrennamen "Kasematten-Bär".